Von der Gefahr einer Abwertung der frühkindlichen Bildung

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Betrachten wir den historischen Verlauf warum es überhaupt Kindertageseinrichtungen gibt, lohnt sich unter anderem ein Blick in das 19. Jahrhundert. In dieser Zeit wuchs die Bevölkerung rasant, was vor allem in den unteren Schichten zu existenzieller Not führte. Aus diesem Grund mussten immer mehr Mütter zum Einkommen der Familie beisteuern, indem sie einer Erwerbstätigkeit nachgingen. Dies führte dazu, dass die Situation der Kinder in eine erneute Schieflage geriet, da es an Möglichkeiten der Betreuung für sie mangelte.

In den folgenden Jahrhunderten wurden verschiedenste Versuche angestellt, die Kindertagesbetreuung als Bildungsinstitution zu etablieren. Versuche, welche bis heute vor großen Herausforderungen stehen und einer enormen Aufklärungsarbeit des Fachgebietes der frühen Bildung bedürfen. Die Ursachen liegen hier auf verschiedensten Ebenen.

Eine große Chance der Aufwertung der frühkindlichen Bildung zeigte sich zu Beginn der 2000er Jahre nach dem großen Pisaschock. In Folge dessen wurden die Kompetenzen und Fähigkeiten, welche schon im frühen Kindesalter gelegt werden, auf die Wichtigkeit der frühen Bildung und somit der Arbeit in den Kindertageseinrichtungen zugeschrieben. Kindergärten sollten dabei unterstützt werden, ihre Qualität weiter zu entwickeln, um somit den Anforderungen der kindlichen Entwicklung und des Lernens gerechter zu werden.

Eine regelrechte Welle an Programmen, welche direkt in der Kitapraxis greifen sollten wurden entwickelt. Die ErzieherInnenausbildung wurde reformiert und diverse Kindheitspädagogische Studiengänge entstanden an den Hochschulen. Jedoch tat sich das Gebiet der frühkindlichen Bildung nach wie vor schwer, was wohl der mangelnden gesellschaftlichen Aufklärung über die kindliche Entwicklung, sowie der geringeren monetären Wertschätzung des Fachpersonals geschuldet ist. Ein großartiges Engagement von Bund und Ländern entstand. Jedoch mit begrenzter Wirkung. Nach wie vor müssen das Bild der pädagogischen Fachkräfte, sowie die Aufgaben den Kindertageseinrichtungen im öffentliche Raum geschärft werden. Noch immer wissen Viele nicht, dass Kitas Bildungseinrichtungen sind und nicht nur der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und somit der Betreuung der Kindern dienen.

Die Corona-Pandemie hat diesen Missstand noch weiter auf den Höhepunkt getrieben. Eltern beklagten während des Lockdowns im Frühjahr 2020 die Mehrfachbelastung von Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung. Sie forderten die sofortige Öffnung der Kitas zur Entlastung des Familienlebens. Auch nachdem die Einrichtungen wieder allen Kindern offen standen, wurde von Vertretern der Regierung, sowie der Elternschaft das bedingungslose Offenhalten der Kitas immer wieder verlangt und auch praktiziert. Der immer wieder erwähnte Grund dafür sei die Entlastung der Eltern, damit sie ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen können. Vom Bildungsauftrag und den Wohl des Kindes in den Einrichtungen allerdings kein Wort! Die Realität vieler Kitas sieht derzeit so aus, dass die Häuser auf Biegen und Brechen den Betrieb weiter aufrecht erhalten. Schon vor der Pandemie zeigte sich ein enormer Fachkräftebedarf in diesem Bereich, womit durch Herabsenkung der beruflichen Mindestanforderungen reagiert wurde. Derzeitig steht noch weniger pädagogisches Personal zur Verfügung, da es entweder zur Risikogruppe gehört oder aus anderen Gründen nicht tätig sein kann. Viele Kitas werden mehr und mehr zu Orten der Aufbewahrung und können ihrem Bildungsauftrag nicht mehr gerecht werden. Gleich sieht es mit der Sicherheit der Kinder aus. Da häufig viel zu viele Kinder von zu wenigen PädagogInnen betreut werden, können diese nicht immer adäquat bei Verletzungen oder anderen Befinden begleitet werden.

Ja, Kitas sollen und müssen Eltern unterstützen und müssen ihnen zur Seite stehen. Jedoch dürfen die Fachkräfte in den Kitas nicht allein gelassen werden. Unsere Kindergärten dürfen nicht zu Institutionen der Aufbewahrung degradiert werden, sondern als sichere Orte für Kinder, in denen sich Zeit für sie genommen wird. Nur, wenn das Personal weniger belastet ist, können sie jedes Kind individuell begleiten und liebe Zuwendung geben. Es ist kein Geheimnis, dass dies wohl die grundlegenden Voraussetzungen für eine anregende kindliche Entwicklung und somit eine Vorbereitung auf alle weiteren Bildungswege ist. Politik und Gesellschaft legen sich hier eigene Steine in den Weg. Das Ausbrennen lassen der MitarbeiterInnen in den Kitas, sowie kaum Wertschätzung könnten abschreckend auf zukünftige PädagogInnen in den Kitas zur Folge haben. Dann müssen wir in nächster Zeit wohl nicht mehr über steigende Qualität in der Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder in Kindertageseinrichtungen sprechen.

Gedanken zur sozialen Achtsamkeit

Die Beiträge zur sozialen Achtsamkeit werden wohl die persönlichsten meiner ganzen Seite sein. Warum dies so ist, muss ich euch wohl genauer erklären.

Ich komme aus einer Familie aus der ehemaligen DDR, welche in als Kleinkind noch erlebt habe. Meine Familie war sehr kinderreich und Geld war auch nie groß vorhanden. Die Schulzeit war für mich sehr schwer, da ich ja keine Markenklamotten hatte und die mit den vielen Geschwistern war. Somit war ich ungewollt eine Außenseiterin. Natürlich ging dies nicht spurlos an mir vorbei. Meine Leistungen in der Schule waren nicht gerade rosig. Die Lehrer schliffen mich irgendwie durch, so dass ich wenigstens nie eine Klassenstufe wiederholen musste. Immerhin schaffte ich noch irgendwie die mittlere Reife.

Nach der Schule machte ich dann eine Ausbildung zur Erzieherin und ich stellte fest, dass mir das Lernen ziemlich leicht viel. Natürlich war auch der Wechsel von der Schule in die Ausbildung von Entscheidung. Ich machte einen Neuanfang und löste mich von meiner Unsicherheit, die mich meine gesamte Schullaufbahn begleitete. Ich fand in der Pädagogik meine Berufung und Leidenschaft. Mein Beruf wurde ein neues Stück meiner Identität. Ich gewann an Selbstbewusstsein und an einer noch nie vorhandenen Lebensfreude.

Ein paar Jahre nach meiner Ausbildung wollte ich es mir und vor allem allen anderen Menschen noch mehr beweisen. Ich habe Kindheitspädagogig und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung studiert. Laut Statistik gehöre ich in dieser Beziehung einer Minderheit an, da ich ja aus einer Familie komme, welche von Sozialleistungen abhängig war.

Warum ist es mir so wichtig, dies mit euch zu teilen? Schließlich geht es ja keinen etwas an…! Ich sehe es anders! Noch vor einigen Jahren war ich immer ziemlich neidisch auf alle Menschen, die eine ganz normale Kindheit und Schullaufbahn hatten. Jedoch habe ich mit der Zeit festgestellt, dass genau diese Erfahrungen wichtig für mich waren. Ich bin unglaublich dankbar und demütig für mein Leben und habe meinen Blick auf die soziale Situation um mich herum und die Welt viel mehr geschärft. Vielleicht kann ich auch ganz gut Perspektiven wechseln und mich in Menschen einfühlen. Erst war mein Anliegen, dass ich nach meinem Studium mehr Luxus haben möchte und mehr Geld verdienen will. Klar, ich will schon ein Dach über dem Kopf haben und auch mal in den Urlaub fahren können. Aber ich habe verstanden, dass es viel wichtiger ist, meiner Berufung zu folgen. Wenn wir Kinder prägen und begleiten wollen, ist es wichtig, dass wir unsere Identität nicht leugnen. Wir sind einzigartig, sowie jeder Mensch auf diesem Planeten. Ich wurde als Kind diskriminiert, weil ich wenig Geld und so viele Geschwister hatte. Meine Geschichte hat mich geprägt. Wenn ich sehe, dass andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft ausgegrenzt werden, versuche ich dagegen zu steuern. Dabei ist mir egal, ob es sich um Rassismus handelt oder die Gründe für Ausgrenzung einen anderen Ursprung haben.